Fanfic: Devil - part LVII
Chapter: Devil - part LVII
Ich lief noch eine ganze Weile ziellos durch die Stadt, und setzte mich an den Sangresse, doch irgendwann wurde es mir zu kalt. Ich hatte keine Jacke, und es war immerhin erst Abril. Nachts konnten die Temperaturen locker auf 5 Grad sinken.
Ich wusste, es war zu früh um nach Hause zu gehen, aber ich entschied mich dafür, es trotz allem zu tun. Die Kälte machte mich absolut fertig, und außerdem hatte ich Hunger. Vielleicht war noch etwas im Kühlschrank?
Missmutig trottete ich an dem alten Schulgebäude vorbei, in dem ich mich so oft eingesperrt fühlte, während ich meine Hände rieb. Mein Atem bildete weißen Rauch in der kalten Nachtluft. Es war keine Menschenseele zu sehen, und nur der Schein der Straßenlaternen erhellte den Weg vor mir. Ein bisschen gruselig fand ich es schon, auch wenn ich es nicht zugegeben hätte, und ich hatte ständig das Bedürfnis mich umzudrehen, um sicher zu sein, dass mich auch niemand verfolgte.
Es war Neumond - die Zeit des Neuanfangs. Ich seuftzte. Ob es für mich je einen Neuanfang geben würde? Ich konnte es mir nicht vorstellen. Cody lief brav neben mir her. „Weßt du Cody...", flüserte ich, und blieb kurz stehen - weil es komisch war, mich selbst nach so langem Schweigen wieder sprechen zu hören. „Wenn der Alte heut wieder ausrastet, dann sage ich „Fass" zu dir, und dann musst du ihn totbeissen, okay?" Langsam lief ich weiter.
Nur gut, dass ich rechtzeitig losgelaufen war, denn als ich eine halbe Stunde später, halb erfroren vor der Eingangstür unserer Wohnung stand, war ich sicher, dass ich es keine fünf Minuten länger mehr in dieser Kälte ausgehalten hätte. Ich konnte einfach hereinkommen, denn die Tür war nicht verschlossen. Ich glaube, Dieter schloss nie ab.
`Vielleicht schläft er ja doch schon`, dachte ich hoffnungsvoll. `Oder er ist so steif das er mich gar nicht bemerkt.` Ich öffnete die Tür zu meinem „Zimmer" und führte Cody hinein. „Warte kurz, bin gleich wieder da", flüsterte ich ihm zu, und schloss die Tür wieder. Dann schlich ich durch den Flur, in die Küche.
Das erste, was mir auffiel, waren ein Handtuch und ein Waschlappen, die neben dem dreckigen Geschirr und den leeren Dosen, auf dem Küchentisch lagen. Dieter hatte sich scheinbar gewaschen. Wir hatten kein Bad - im Treppenhaus gab es ein Gästeklo, das jeder Mieter benutzen konnte, und waschen konnten wir uns an dem Waschbecken in der Küche, dass auch als, selten benutzte, Spüle diente.
Ich öffnete den Kühlschrank. Tatsächlich! Eine Packung Würste, ein Stück Käse und eine Toastpackung, in der noch drei Schreiben lagen. Alles im obersten Fach. Der Rest, wie immer, ausgefüllt mit vollen und leeren Bier- und Schnapsflaschen. Warum Dieter die leeren Flaschen wieder in den Kühlschrank steckte, war mir ein komplettes Rätsel.
Ich schnitt mir ein Stück Käse ab, belegte zwei Toastscheiben damit, und dann nahm ich noch eine der Flaschen. Jetzt musste ich es nur noch schaffen unbemerkt in mein Zimmer zu kommen, dann könnte ich essen, trinken, und wenn Dieter herinkäme würde ich so tun, als schläfe ich tief und fest. Ich schloss den Kühlschrank, langsam, und fast lautlos. Dann schlich ich wieder zum Flur. Ich konnte nicht wiederstehen, und warf einen kurzen Blick in das Wohnzimmer. Dort saß er, im Sessel, eine Flasche Bier in der linken Hand, in der rechten die Fernbedienung. Er wiederte mich so an.
Im selben Augenblick hörte ein Bellen, und dann ein Jaulen, und Kratzen, dass von der Tür der Abstellkammer ausging. „Psst Cody, sei still!", flüsterte ich verzweifelt, doch es war bereits zu spät. Ich konnte sehen, wie Dieter sich verwundert umblickte, sich langsam erhob und in meine Richtung kam. Wohin jetzt? Ich wollte Cody nicht allein lassen. Also riss ich die Tür zu meinem Zimmer auf, huschte hinein und schloss sie dann schnell wieder hinter mir.
Cody sprang sogleich auf mich zu, und bellte noch einmal. Ich streichelte ihm über den Kopf und versuchte krampfhaft ihn unters Bett zu schieben. Wenn Dieter ihn sähe, würde er durchdrehen, das war klar. Er hasste Tiere.
Plötzlich öffnete sich die Tür, und er trat herein. Mir schlug sofort sein Gestank entgegen, und an seiner Körperhaltung erkannte ich genau, dass er nicht zurechnungsfähig war. „Hey Dan, du bis da?", lallte er. „Läss dich ja nich mehr oft blickn in lesder Seit..."
Er fuhr sich übers Gesicht. Ich nickte. „Jaja", sagte ich so freundlich es ging. „Mir war kalt und ich dachte ich komme mal früher heim." Da bellte Cody erneut. Wahrscheinlich hatte ich ihm wehgetan, bei dem Versuch ihn unterm Bett festzuhalten. „Wass wa das?", fragte Dieter und kam näher an mich heran. „Ach nichts", log ich, und streichelte Cody mit dem flehenden Wunsch er möge ruhig sein. Doch er knurrte. Dieters Füße waren ihm sehr nahe gekommen. Mein Vater starrte mich an. Ich hatte keine Ahnung was ich tun sollte. „Da iss ein Tier, du hast ein Tier lüg mich nich an!", schrie er, und verpasste mir eine Ohrfeige. „Tut mir leid Dad, da ist wirklich nichts glaub mir", stammelte ich. Dieter schnaubte, blickte mich noch einmal ungläubig an, und als Cody noch lauter zu knurren begann, versetzte er mir einen Kinnhaken. Ich fiel nach hinten, und landete auf dem Fußboden. Mit meiner Hand fuhr ich über meine Wange. „Dad...", flüsterte ich, auch wenn klar war, dass ich so nicht davon kommen würde.
Dieter kam wieder auf mich zu. Klar war: er würde weitermachen. Ich kannte das - wenn er einmal schlug, dann tat er es so lange weiter bis er die Lust daran verlor. Vielleicht geilte es ihn auf oder so, ich jedenfalls kannte dieses Gefühl, denn auch ich hatte schon oft genug Klassenkameraden oder kleinere Kinder zusammengeschlagen. Schützend legte ich meine Hände vor mein Gesicht. Dieter holte aus.
In diesem Augenblick sprang Cody unter dem Bett hervor, und stürtzte sich auf ihn.