Fanfic: Doppelleben - Kapitel 13 - Teil 2
aus der Höhle hinaus.
Der Flug kam Lars vor wie eine Ewigkeit. Unendlich langsam kam der Boden auf sie zu, während sie fast waagerecht durch die Luft segelten. Als die Steinkugel ihre Beine erwischte und sie im Flug herumgeschleudert wurden, blieb Lars Herz stehen. ?Es ist vorbei!?, schoss es ihm entsetzt durch den Kopf. Doch die Kugel donnerte vorbei und grub sich ihren Weg durch den Wald. Äußerst unsanft nahmen die Geschwister wieder Kontakt zu Mutter Erde auf.
Nach einer kurzen Weile hob Alexandra langsam den Kopf. ?Ist es vorbei??, flüsterte sie keuchend, als fürchtete sie, gehört zu werden. Lars, der immer noch nicht glauben konnte, dass sie noch lebten, starrte sie nur mit offenem Mund an. Er atmete schwer und streifte schließlich langsam den Rucksack ab.
Dann umarmten sie sich fest, während das Rumpeln der Kugel immer leise wurde. Erst als sie sich nach einer Weile wieder voneinander lösten, bemerkte Lars den stechenden Schmerz in seinen Beinen. Auch Alexandra verzog ihr Gesicht vor Schmerzen und zog ihre Hosenbeine hoch. Blut sickerte in den Rasen.
Lars nahm sich ihrer zuerst an und heilte die kleinen Schnittwunden an ihren Beinen. Danach behandelte er sich selbst. Erschöpft warf er sich auf den Boden. Alexandra machte sich an dem Rucksack zu schaffen. Eine Viertelstunde später stieg Lars der leckere Duft von Ramen in die Nase.
Er bekam plötzlich solch einen Appetit, dass er sich aufrichtete und sich Essstäbchen schnappte, um eine Nudel zu stibitzen. Doch Alexandra legte ihre Hand auf seine und warf ihm einen halb ernst gemeinten, tadelnden Blick zu. Lars ließ die Stäbchen langsam sinken, aber nicht ohne ungeduldig aufzustöhnen.
Als es dann schließlich so weit war, schlürfte er die ersten Nudeln mit solch einem Heißhunger in sich hinein, dass er Sekunden später mit gurgelnden Lauten vor dem Höhleneingang herumhüpfte. Alexandra aß seelenruhig weiter und meinte ungerührt: ?Wie oft muss ich dir eigentlich noch sagen, dass frisch gekochtes Essen heiß ist??
Einige Minuten später widmete auch Lars sich wieder seinen Nudeln, nun jedoch nicht, ohne jede einzelne Nudel leicht anzupusten. Nach dem Essen zog er die Karte hervor und studierte sie eingehend. Alexandra verstaute in der Zwischenzeit ihre Essutensilien. Lars stellte fest, dass die Schneise, die die riesige Steinkugel durch den Wald geschlagen hatte, wenn sie weit genug reichte, für sie eine Abkürzung darstellte.
?Wir sparen eine ganze Menge Zeit!?, rief er erfreut.
Als Benjamin wieder zu sich kam, war er sich zuerst völlig im Unklaren, wo er sich überhaupt befand. ?Wer bin ich??, fragte er halblaut und versuchte aufzustehen. Ein urplötzlicher, rasender Schmerz am Hinterkopf und das Gewicht des Bücherregals hinderten ihn daran. Keuchend sackte er wieder in sich zusammen.
Er sammelte eine zeitlang seine Kräfte und schaffte es dann mit zusammengebissenen Zähnen und nicht ohne Schmerzensschreie, sich unter dem Regal herauszuwinden. Erschöpft sackte er wieder zusammen. Der Schmerz am Hinterkopf war nicht der Einzige. Sein ganzer Körper fühlte sich an, als hätte Mr. Dursley ihn als Fußmatte benutzt.
Nach einer Zeitspanne, die ihm vorkam wie eine Ewigkeit, aber immer noch zu kurz, damit die Schmerzen ein wenig abklingen konnten, richtete er sich mithilfe der Wand Stück für Stück auf. Einen kurzen Moment lang spielte sein Kreislauf verrückt, so dass er fast wieder in Ohnmacht gefallen wäre. Gerade rechtzeitig sah er wieder klar.
Er überblickte das Chaos ? und das Herz blieb ihm beinahe stehen. Eine schmale, aber trotzdem mehr als nur gut sichtbare Blutspur zog sich durch das Zimmer. ?Der Teppich!?, keuchte er entsetzt. Erst im nächsten Moment kam ihm in den Sinn, dass Blut nichts Gutes bedeutete. Zögernd tastete er nach dem stechenden Schmerz an seinem Hinterkopf. Angst befiel ihn.
Im nächsten Augenblick fühlte er etwas Feuchtes, Glitschiges. ?Scheiße??, entfuhr es ihm ungewollt. Dann fasste er einen Entschluss. Er würde nicht zu Nabiki gehen und Schwäche zeigen. Im Gegenteil, er würde weitermachen bis zum bitteren Ende. ?Und wenn ich verrecken muss!?, knurrte er.
Er begab sich ins Wohnzimmer, wobei er mehr torkelte als ging. ?Kasumi? Bist du da? Kasumi?? Die Angesprochene kam um die Ecke und fragte freundlich: ?Ja, Benjamin? Was gibt?s?? Ihr Gesicht nahm entsetzte Züge an, als sie Benjamin erblickte. ?Hast du mal ein bisschen Verband??
Kasumi nickte und verschwand hastig wieder. In Akkordzeit war sie wieder da und wollte Benjamin die Wunde verbinden. Doch der riss ihr das Verbandszeug aus der Hand, grummelte ein ?Danke? und wickelte sich den Verband kurzerhand mehrere Male um den Kopf, so dass er aussah wie ein Stirnband. Das Ende klebte er mit einem Stückchen Klebestreifen fest, der, wie er und Nabiki ja schon ausgiebig getestet hatten, äußerst widerstandsfähig war.
Benjamin war schon wieder auf dem Weg nach oben, als er sich noch einmal halb umdrehte. ?Wo ist Nabiki?? Kasumi sah ihn ein wenig perplex an. ?Weiß?weiß ich nicht. Ich dachte sie wäre bei dir oben!? Benjamin überhörte den letzten Satz, der einer Frage gleichkam und verschwand die Treppe hinauf.
Zuerst richtete er das Bücherregal wieder auf, wobei er erneut feststellte, dass er dessen Gewicht unterschätzt hatte, als er es das erste Mal erblickt hatte, wie er bereits schmerzhaft hatte erfahren müssen.
Eine Weile später war auch der letzte abtrünnige Rest Klebeband im Mülleimer verschwunden. Nun wandte Benjamin sich den Blutflecken zu. Er hatte keine Ahnung, wie man diese am Besten entfernte. Der Teppich war, wie er nebenbei bemerkte, zu seinem Glück blau, so dass man die Flecken eventuell nicht mehr ganz so gut sah, wenn er sie ein wenig auswusch.
Also begab er sich in das Badezimmer, wo er unter dem Waschbecken einen Eimer, einen Lappen sowie Reinigungsmittel entdeckte. Er füllte den Eimer mit heißem Wasser und gab ordentlich Reinigungsmittel dazu, dass es nur so schäumte. Dann begab Benjamin sich zurück in das Zimmer seiner Gastgeberin und nahm sich die Flecken vor.
?So ihr Fleckenzwerge, jetzt kommt der Benni!?, versuchte er sich selber aufzuheitern, scheiterte aber kläglich. Er tauchte den Lappen tief in das Wasser und wrang ihn aus. Daraufhin rubbelte und schrubbte er wie verrückt. Zu seiner Freude zeigten sich schon bald die ersten Erfolge. Nach beinahe einer Stunde waren die Flecke so gut wie verschwunden, nur an einigen Stellen konnte man noch etwas erkennen, jedoch nur, wenn man wusste, dass dort einmal Blutflecken gewesen waren.
Zufrieden mit sich und seinem Werk verstaute er seine Putzutensilien wieder und machte sich einigermaßen gut gelaunt wieder an die ursprüngliche Arbeit. Nachdem er die Kommode vollständig abgeklebt hatte, ertönte von unten Kasumis Stimme, die zum Mittagessen rief. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen stieg Benjamin die Treppe hinunter.
Als er jedoch das Wohnzimmer betrag, bemerkte er zu seiner Erleichterung, aber auch seiner Verwunderung und Verzweiflung, dass Nabikis Platz leer war. Wortlos, wie auch alle anderen am Tisch Sitzenden, nahm er die Mahlzeit zu sich. Direkt nach dem Essen entflüchtete er wieder in den ersten Stock und widmete sich weiter der Arbeit, zu der er verdonnert worden war.
Gegen frühen Nachmittag hatte Benjamin alle Möbelstücke in die Mitte geschoben und abgeklebt. ?Jetzt kann ja nichts mehr schief gehen!? Zuversichtlich schnappte er sich die in dem Farbtopf hängende Rolle und begann, die Wand zu streichen. Den ganzen Nachmittag lang strich er unaufhörlich in einsamer Stille.
Als es draußen bereits begann zu dämmern, kam Benjamin auf das Ende zu. Es fehlte nur noch ein schmaler Streifen Wand, der darauf wartete, seine neue Farbe verpasst zu bekommen. In dem Augenblick ging die Tür auf und herein kam Nabiki. Sie wirkte gefasst.
Benjamin sah sie erwartungsvoll an, als sie sich in ihrem Zimmer umblickte. Als ihre Kinnlade nach unten klappte, freute er sich innerlich, denn er hatte sie wohl mit seiner tüchtigen und schnellen Arbeit überrascht. Doch dann bemerkte er mit einem unguten Gefühl in der Magengegend, dass sie den Boden anstarrte.
Zögernd wandte auch er seinen Blick gen Teppich ? und erstarrte. Teppich? ?Nein??, stöhnte er leise und hätte sich am liebsten selber verprügelt.
?Was?was hast du getan??, keuchte Nabiki voller Entsetzen und deutete mit ausgestrecktem Arm und Zeigefinger anklagend auf den Teppich, der in der Nähe der Wände überall von sanftgelben Farbspritzern übersäht war.
Benjamin wusste, dass er verloren hatte. ?Das?es?es tut mir leid??, versuchte er sich schwach zu verteidigen. Wie konnte er nur so blöd sein und vergessen, den Boden mit Zeitungspapier abzudecken?
?Es. Tut. Dir. Leid.??, schnaubte Nabiki. Die unbändige Wut gepaart mit Fassungslosigkeit in ihrem Gesicht hätte sogar ein Blinder erkannt, und dazu hätte er es gar nicht erst abtasten müssen.
?Ich?ich war so übereifrig, dass?dass ich es einfach?vergessen habe?? Benjamin versuchte nur halbherzig, sich zu retten, denn er wusste, dass es unmöglich war. ?Vergessen!? Muss man dir vielleicht eine Checkliste geben, auf der du abhaken musst, was du erledigt hast!? Aber wahrscheinlich würdest du dann vergessen, auf die Liste zu schauen! Hat das heute Morgen nicht gereicht? Aber nein, du musst mich gleich total fertig machen!?
Benjamin ließ die Farbrolle, die er die ganze Zeit noch gegen die Wand gedrückt hatte, langsam sinken. Dabei tropfte ein weiteres Bisschen Farbe auf den Teppichboden. ?Pass auf!?, schrie Nabiki so laut und plötzlich, dass Benjamin die Rolle erschrocken komplett fallen ließ.
Nabiki bebte vor Zorn. ?Es?es tut mir leid! Ich will dich doch gar nicht fertig machen??, murmelte Benjamin leise. ?Ach