Fanfic: Elysium

sein Gesicht zur Seite und bemühte sich, sie mit einer so kühlen und gleichgültigen Stimme wie nur irgend möglich zu informieren, dass er ein kleines Feuer anzünden werde. Aus seinem schweren Rucksack packte er alle nötigen Utensilien heraus. Kopfschüttelnd betrachtete Akane sein Tun und gab dann ihre Verwunderung darüber kund, dass er Streichhölzer und sogar trockene Holzscheite mit sich herumtrug, aber einen simplen Alltagsgegenstand wie den Schirm vergaß.



"Du verstehst nichts davon. Bist ja nur ein Mädchen. So was ist eben Männersache", gab er trocken zurück. Irgendetwas ärgerte ihn allmählich wieder an ihrer Anwesenheit. Dieses Gefühl konnte er nicht genau erfassen, doch er wusste, es war da. Hatte er sich eben noch zusammenreißen müssen, ihr keine Liebeserklärung zu machen, so war er nun bereits wieder in der Stimmung, ihr irgendeine Beleidigung an den Kopf zu werfen. Oder sie damit von sich fern zu halten.



Sekunden der Schweigsamkeit zogen vorüber. Aus den Sekunden wurden Minuten, aus den Minuten wurden Stunden. Bald wurde es Nacht. Seit Ranmas letztem Kommentar über die angebliche geistige Rückständigkeit der Frau verblieben sie beide ohne einen weiteren Wortwechsel. Viele Beschäftigungen bot die kleine Höhle ihnen nicht. Rausgehen konnten sie noch viel weniger, da aus dem anfangs harmlosen kleinen Frühlingsgewitter bald ein starker Sturm wurde, der wütend umher tobte. So verbrachten sie die gemeinsame Zeit damit, still vor dem winzigen Lagerfeuer zu hocken und in die Flamme zu starren.



Ranma dachte über nichts Bestimmtes nach. Durch die Jahre lange Übung hatte er gelernt, seinen Kopf in schwierigen Situation frei zu machen. Dies war definitiv eine sehr schwierige Situation. Noch nie zuvor hatte er so viel Zeit alleine mit Akane auf solch engem Raum verbracht. In ihm mischten sich abwechselnd Freude und Wut. War das anstrengend. Ein Glück für ihn, dass er sich bestens in der Meditation verstand. Sein Geist schwebte hinfort, überquerte die weiten Dächer, der schier endlosen Regenwälder, glitt durch die unerforschten Tiefen des Ozeans und flog zuletzt schnell und hoch durch die Lüfte wie ein geflügeltes Fabelwesen. Er war so stark in sein mentales Training versunken, dass er gar nicht bemerkte, wie die Zeit vergangen war. Erst als sein müdes Auge eine Bewegung auf der anderen Seite des Feuers wahrnahm, rührte sich sein Körper langsam wieder.



Es war Akane. Mit einem langen Stock stocherte sie im Feuer herum. Allem Anschein nach versuchte sie es anzubehalten. Ein Blick über seine linke Schulter hinweg verriet ihm, dass die Sonne bereits untergegangen war. Zwar hatte der Sturm sich mittlerweile gelegt, doch noch immer prasselten vereinzelte Regentropfen vom schwarzen Nachthimmel herab. Erst jetzt erkannte er auch den Duft, den der starke Regen in den Bäumen und Sträuchern zurückgelassen hatte.



"Bist du müde?" fragte er sie leise und biss sich sofort auf seine Zunge. Wie konnte er bloß vergessen, dass er für die nächste Zeit nicht mit ihr reden wollte? Zu heikel war diese ganze Situation aber auch. Es drang keine Antwort an sein Ohr. Bereits in der festen Annahme, dass sie bloß wieder schmollte, richtete er sich ein Stück weit auf, um ihr Gesicht besser erkennen zu können und vor ihr dann wieder einmal gehörig seine Meinung zu vertreten. Doch mit offenem Mund stockte er. Das kleine orangefarbene Licht, das von unten herauf ihr Gesicht beleuchtete, ließ sie so vollkommen anders als sonst aussehen. Verwundert legte er seinen Kopf schief. Ganz plötzlich sah sie gar nicht mehr wirklich wie Akane aus. Natürlich hatte sie noch immer die selben Gesichtszüge, war von der selben Statur, hatte die selbe Frisur - einfach alle Formen waren die selben wie vorher. Dennoch lag etwas Fremdes auf ihr. So nachdenklich wie sie in die kleine Flamme schaute, die ihr warmes Licht spendete, wirkte sie fast nicht mehr menschlich. Auch nicht tierisch, nein. Eher übermenschlich. Die zarten, warmen Töne, welche ihr Antlitz auf so ungewohnte Art berührten, verliehen ihr etwas geradezu Mystisches. Sie sah aus wie ein Engel.



"Warum starrst du mich so an?" fragte sie nach einer Weile in einem ruhigen Ton. Sie zitterte am ganzen Körper. Erst jetzt erkannte Ranma dies, nachdem er durch die leichte Vibration in ihrer Stimme darauf aufmerksam geworden war.



"I-ich..." begann er verunsichert, als er mit hochrotem Kopf ertappt wurde. "Ich hab` dir eine Frage gestellt und du hast nicht geantwortet!" Innerlich klopfte er sich selbst auf die Schulter für seine brillante Reaktionsfähigkeit und dem hinzu noch sehr scharfen Ton, den er spontan ergriff.



"Ich habe dir geantwortet", gab sie jedoch sofort zurück und zerstörte früh all seinen sich gerade aufbauenden Stolz. "Hör das nächste Mal einfach zu. Ich sagte, dass ich müde bin, aber hier ganz sicher nicht schlafen kann."



Ranma schluckte. "Wieso nicht?" Mehr konnte er vorerst nicht heraus bringen.



Noch immer schaute sie nicht vom Feuer hoch. "Meine Sachen sind komplett durchnässt und die Schlafsäcke hast du ja freiwillig zurückgelassen."



Er öffnete bereits seinen Mund, doch noch ehe er sprechen konnte, kam sie ihm mit seinem Standartsatz vorweg: "Männersache - ich weiß." Plötzlich bildeten sich winzige Tränen in ihren Augen. Schützend vergrub sie ihr Gesicht in ihren Armen, die sie um die angewinkelten Beine verschränkte. "Aber lei-- leider bin ich nun mal kein Mann."



Das war wieder mal zu viel für ihn. Was hatte sie nun schon wieder? Sie war doch sonst immer so taff. Warum bloß fing sie ausgerechnet jetzt an zu weinen? Weit und breit war niemand, den er hätte zu Hilfe ziehen können. Nun war er ganz allein gefragt. Den Anblick eines weinenden Mädchens konnte er noch nie ertragen. Ganz besonders nicht, wenn es sich um dieses Mädchen handelte. Irgendwie musste er sie trösten. Doch wie? Er hatte ja keinen blassen Schimmer, warum sie denn überhaupt weinte.



"A-akane..." setzte er etwas tollpatschig an, als er näher rückte und legte ihr zaghaft einen Arm um die Schulter. Ungewohntes Gefühl. Jetzt saßen sie also beide mutterseelenallein in einer kleinen Höhle vor einem romantischen Feuer und er hielt sie praktisch im Arm. Ihr schnelles Hochschrecken bei seiner plötzlichen Berührung machte es nicht gerade einfacher. Schwer schluckte er. Da sie sich vorhin ihre Jacke ausgezogen hatte, war ihr Oberkörper nur noch mit einem T-Shirt bekleidet. Seine Hand lag an ihrem nackten Arm, auf ihrer glatten Haut. Hautkontakt... in einer kleinen Höhle vor einem romantischen Feuer. Es gibt tatsächlich immer eine Steigerung! Aber nein... Er wollte sie doch trösten, weil sie auf einmal anfing zu weinen. Voller Konzentration bemühte er sich, sein inneres Gleichgewicht zu finden und sich durch keine dummen Gedanken mehr ablenken zu lassen. Doch plötzlich bemerkte er etwas Seltsames. Es war nicht bloß so, dass sie zitterte, ihre Haut war zudem eiskalt. Fragend richtete er sein Gesicht auf sie. Erst durch die gewonnene Nähe erkannte er ihren blassen Teint.



"Akane? Geht es dir gut?" fragte er besorgt und konnte doch die Antwort deutlich von ihren Augen ablesen.



"Mir ist kalt..." flüsterte sie. Ihre Lippen waren blau gefärbt.



Seine Sorge wuchs. Eilig schnappte er sich ihren Rucksack und kramte alles hervor, was der Inhalt ihm bot. Doch nichts davon war auch nur ansatzweise trocken. Fluchend stopfte er ihr durchnässtes Gut wieder zurück in die Tasche und drehte sich dann verzweifelt zu seiner eigenen um. Mit einem Kopfschütteln schloss er seine Augen. Er hatte nichts anderes eingepackt als Brennholz und Unmengen an Proviant.



"Oh Mist!" fluchte er noch einmal und zog an seinem eigenen Haar. Akanes Anblick schmerzte ihn. Es schmerzte ihn, dass es ihr schlecht ging, weil sie ihrer Selbstlosigkeit wegen für ihn unter dem Schirm Platz gemacht hatte und dadurch selbst ganz nass wurde. Aber ganz besonders schmerzte es ihn, dass er noch immer eines ganz genau wusste: Er hatte es nicht mal verdient.



"Bleib doch ruhig, Ranma. Mir ist nur kalt. Das ist alles."



Erschrocken wandte er sich zu ihr. Nein, das war nicht alles. Für ihn war es so viel mehr. Aber wie sollte sie es auch verstehen? Wieder betrachtete er ihre Erscheinung ausgiebig. Obwohl er bereits ihr bleiches Gesicht und den bläulichen Mund bemerkt hatte, änderte sich nichts an der Tatsache, dass sie noch immer aussah wie ein Engel. Ein Engel... Ein selbstloser, freundlicher, hübscher Engel, der vor langer Zeit, als er auf diesen stieß, ein zunächst kleines Lichtlein in ihm anzündete und ihm damit einen Sinn schenkte, auf dieser Welt zu sein.



"D-du wirst meine Kleider bekommen. Sie sind noch ganz trocken." Angestrengt spielte er ein gelassenes Lächeln hervor. "Ich hab` sie sogar extra angewärmt."



Akanes blasse Wangen glühten schlagartig hellrot auf. "Du... kannst doch nicht... du kannst doch nicht nackt hier drinnen sitzen." Verlegen sank ihr Blick zu Boden. So tat es auch Ranmas. Gepackt von einer neuen Idee setzte er an zu sprechen, doch ein weiteres Mal kam Akane ihm zuvor: "Vergiss es. Du wirst dir nicht meine nassen Kleider anziehen. Außerdem weißt du ganz genau, dass sie dir nicht passen, selbst, wenn du dich verwandelst."



Er seufzte. Im Moment war ihm so gar nicht danach, sie zu beleidigen oder gar zu verletzen, aber dennoch stimmte es. Zwar war sie nicht dick, aber ihre Figur unterschied sich doch gewaltig von der seinen. Eigentlich war
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