Chapter 10: Ein neues Mitglied!
sogleich verschwunden.
„Was hat sie denn?“, wunderte sich Kogoro und sah Conan und Ran fragend an. Beide zuckten mit der Schulter. Es vergingen ein fünf Minuten, aus den fünf wurden zehn, aus den zehn wurden zwanzig und aus den zwanzig wurden vierzig. Conan machte sich Sorgen und ging ihr nach.
„Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte er vor verschlossener Tür. Keine Antwort. „Hey, Kyoko!?“
„Ja verdammt noch mal! Alles Bestens!!“, kam es von innen.
Kyoko gab sich die größte Mühe möglichst normal zu klingen. Sie saß an der Tür angelehnt und hatte die Knie dicht an sich gezogen. Ständig dieselbe Frage: Ist alles in Ordnung? Das konnte sie echt nicht mehr hören!
„Wirklich?“, hakte er nach und setzte sich ebenfalls vor die Tür. Ein kurzes Schweigen.
„Meinst du die Frage ernst?“
„Ja, wieso-“
„Natürlich!“, unterbrach sie ihn. „Es läuft doch alles prima! Erst streite ich mich mit Heiji, dann werde ich geschrumpft und nun bin ich hier und mir geht’s so gut wie nie!!“ Sogleich folgte ihrer Antwort ein Schluchzer. Conan senkte den Kopf. Sie musste mehr als fertig sein! Noch ein Schluchzer.
„Weinst du?“, fragte er leise und sah zur Decke.
„Ist das so deutlich herauszuhören?? Mann, und ich wollte mal Schauspielerin werden...“, sagte sie noch leiser und musste über sich selbst lächeln.
„Schauspieler spielen nur Rollen, die für sie geschrieben wurden. Sie spielen nicht ihr Leben wie in einer fiktiven Welt, sie leben es in der Realität...“
„Soll das ‘ne Unterrichtsstunde in Ethik werden?“
„Nein. Akiko, hör bitte auf so zu tun als ob dir das Alles nichts ausmachen würde! Du machst dir doch nur selbst was vor!“
„Na du musst es ja wissen, Herr Meisterdetektiv des Ostens...“ Kyoko schloss die Augen. „Du weißt ja immer alles, nicht?“ Conan atmete aus. „Du bist ja der absolute Perfektionist unter uns allen! Du bewahrst in jeder Situation einen kühlen Kopf, du hast immer die rettende Idee, du weißt dir zu hel-“
„Jetzt hör auf genau so einen Quatsch wie Heiji zu reden!“, schnitt er ihr das Wort ab. Kyoko öffnete wieder leicht die Augen und lehnte sich gegen die Tür. „Das ist doch einfach nicht fair.“, brachte sie schluckend heraus.
„Das ganze Leben ist nicht fair!“, erwiderte Conan und Kyoko horchte auf. „Aber es ist auf jeden Fall lebenswert, selbst wenn man nur einen Grund hat, um zu überleben. Und wenigsten einen wirst du doch haben, oder?“ Kyoko dachte nach. Gab es wirklich etwas, weshalb sie leben sollte? Weshalb sie leben wollte?
Sie überlegte weiter und schließlich lächelte sie mit Tränen in den Augen. Ja, es gab einen Grunde, warum sie leben wollte. Warum sie musste. Und das war unter Garantie nicht nur, weil sie wieder zu ihrer eigentlichen gestalt werden wollte, als Oberschülerin. Da gab es auch einen ganz anderen Punkt...
Kyoko stand auf und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. Sie holte tief Luft und schloss auf.
Conan stand vor ihr und hatte die Hände in die Jackentasche gesteckt.
„Du hast ja Recht!“, gab sie kleinlaut zu und strafte die Schultern. „Von jetzt an wird nicht mehr rumgeheult, sondern nur noch nach vorne gesehen!“ Conan nickte.
„Na warten wir mal ein paar Stunden ab!?“ Sie gab ihm einen leichten Ellbogenstoß in die Seite und kniff ihn in die Wange.
„Was hast du gerade gesagt?“
„I-ich sagte, dass ich mich freue, dass es dir wieder gut geht!“, stotterte er und rieb sich seine inzwischen rot gewordene Wange.
„Das hoffe ich auch für dich!“, lachte Kyoko und schlenderte zu Ran, die sich an das Mittagessen machte, dass auf die vier wartete. Sie würde nicht mehr aufgeben. Na, und in dem Kreis ihrer neuen ‘Familie’ erst recht nicht! Da könne kommen was wolle!!
Am nächsten Tag beschloss Kyoko sich ein wenig dort umzusehen, wo Shinichi wohnte. Heimlich, versteht sich. Letztes Mal als sie hiergewesen war hatte sie es ja nicht geschafft. So machte sie sich ganz früh am Morgen auf. Leise schlich sie aus ihrem Zimmer und genauso leise nahm sie sich etwas aus dem Kühlschrank, für unterwegs. Dann eilte sie raus. Es dauerte nicht lange bis sie das Haus erreicht hatte. Etwas überrascht starrte sie es an. Wenn man so klein war wie ein Knirps kam einen so etwas noch riesiger vor. Doch nichtsdestotrotz machte sie sich daran, über die Mauer zu klettern, was sich als äußert schwierig erwies. Denn sie kam einfach nicht hoch! Kyoko gab es auf und tigerte seufzend auf und ab. Auf einmal kam ihr ein Geistesblitz: Was wäre, wenn...?
Vorsichtig berührte sie das Tor und siehe da: Es ging auf!
>Wie kann man nur so blöd sein?<, fragte sie sich selbst und schüttelte den Kopf.
Drinnen schloss sie die Eingangstür. Okay, jetzt war sie hier, und was nun? Kyoko blickte sich um. Vielleicht sollte sie nach oben gehen? Oder doch lieber in die Bibliothek? Nein, Shinichis Zimmer! Oder?
„Verdammt, warum ist dieses blöde Haus so riesengroß???“, schrie sie verzweifelt und ging dann doch in die Bibliothek, welche ihr bei dem Anblick der vielen Bücher einen Schrecken einjagte. Ja, hier konnte ja nur ein Schriftsteller wohnen!
Sie überlegte kurz und sah sich die untersten Reihen an. In unregelmäßigen Abständen fehlte ein Buch und alles war staubfrei. Na ja, wahrscheinlich war das auch gar nicht so ungewöhnlich, wenn man bedachte, dass hier außer Shinichi seine Eltern lebten. Aber Moment mal! Kyoko fiel es erst jetzt ein: Seine Eltern waren doch im Ausland? Warum sollten denn da Bücher fehlen?! Shinichi wird sich nachts sicher nicht hier rumtreiben und auch sonst nicht. Das hatte er ihr selbst als Antwort gegeben, nachdem sie ihn gefragt hatte. Und warum war überhaupt das Tor offen gewesen? Sie sah sich hektisch um. >Das kann ja nur bedeuten, dass hier noch ein ganz anderer unerwünschter Gast haust!< Schnell versteckte sie sich hinter dem nächsten Schreibtisch. Na bravo, wenn der sie erwischt ist sie mausetot!
Plötzlich hörte sie Schritte, die immer näher kamen. An den Schatten konnte sie erkennen, dass ‘es’ hier war. Kyoko umklammerte ihre Knie. Als Kind konnte sie nichts ausrichten. Der würde sie fix und alle machen.
Die Schritte kamen näherte. Sie kauerte sich noch mehr zusammen und schloss sie die Augen. Jetzt hatte also ihr letztes Stündchen geschlagen! Die Schritte verstummten und Kyoko wusste, dass es jetzt genau hinter ihr stand.
„Wen haben wir denn hier?!“, sagte eine männliche Stimme und hob sie hoch. Kyoko zappelte herum und hatte die Augen immer noch nicht geöffnet..
„Lass mich los! Loslassen habe ich gesagt!! Lass mich los!“ Mit aller Kraft schaffte sie es irgendwie ihn in den Arm zu beißen, so dass er losließ und genau wie sie zu Boden fiel.
Erst jetzt öffnete sie die Augen und sah einen älteren, fülligen, weißhaarigen, Schnurrbart und runde Brille tragenden Mann, der sich schmerzhaft die Hand hielt. Das war also der gemeingefährliche Angreifer! Mehr oder weniger.
„Was machst du denn hier Kleine?“, fragte er sie.
„Das könnte ich dich genauso fragen, Opa!“, entgegnete sie ihm prompt.
„Ich bin kein Opa! Ich heiße Hiroshi Agasa und bin Professor und Erfinder!“, stellte er sich vor.
„Und was suchst du hier?“
„Ich stelle nur Nachfor-“ Professor Agasa brach ab als er merkte, dass sie ihm reingelegt hatte. „Dich nehmen wir am Besten mit zu mir. Dort werden wir deine Eltern benachrichtigen! Außerdem kann ich mich nicht erinnern, dass Hausfriedensbruch neuerdings erlaubt ist?“, sagte er und nahm sie wieder am Kragen hoch.
„Und ich kann mich nicht daran erinnern, dass es Hausfriedensbruch ist, wenn man alles offen lässt und jeder Fremder so Zugang hat, au!“ Der Professo hatte ihr eine Kopfnuss gegeben.
„Du bist ganz schön frech für dein Alter! Kein Respekt vor Erwachsenen und älteren Menschen!“
„Jetzt haben Sie’s selbst gesagt, dass sie alt sind! Opa!“, stichelte Kyoko weiter.
„Wie heißt du?“
„Ich gebe nur Auskunft in Anwesenheit meines Anwalts!“ Und damit verschränkte sie demonstrativ die Arme und drehte den Kopf weg. Doch auch das half nichts: Prof. Agasa schleppte sie in sein Haus und lud sie auf dem Sofa im Wohnzimmer ab. Nach Quengeln und Erpressungsversuchen („Kein Kakao, keine Infos!“) kriegte sie auch noch Kakao, Kekse und ein paar Zeitschriften. So machte sie es sich richtig gemütlich und dachte nicht im Traum daran, den Professor irgendetwas zu sagen oder über sich zu erzählen.
Gerade als sie von einem der superleckeren Vanillekipfel abbeißen wollte knallte es laut von nebenan, worauf der Kakao überschwappte, die Keksdose zu Boden fiel und die Zeitschriften schnell einen neuen Wohnsitz vom Tisch auf die Erde fanden. Natürlich der Kakao und die Kekse obendrauf. Kyoko stellte die tropfende Tasse ab und blickte erschrocken zu der Richtung aus der, der Knall gekommen war. Professor Agasa eilte sofort zum Ort des Geschehens, Kyoko hörte ein paar Flüche und ein paar Sätze wie „Ihr sollt doch nicht mit den Chemikalien spielen!“ oder „Was wäre passiert, wenn ihr euch verletzt hättet?!“ bis zu „Kinder, ihr bringt noch mein ganzes Haus durcheinander!“. Schließlich kam er wieder raus, mit vier kleinen Kindern, die in dem selben Alter sein mussten wie Kyoko, die er vor sich herschob.
„Von heute werdet ihr dieses Zimmer, was ihr soeben verwüstet habt, nie wieder betreten, klar?“ Die Kinder nickten, versprachen das nie wieder zu tun, bla bla bla... Kyoko sah sie sich an. Ein dicker Junge, einer mit Sommersprossen, ein Mädchen mit Haarreif, eins mit dunkelblonden Haaren. Dieses prüfte sie von oben bis unten. Sie kam ihr ziemlich bekannt vor, nur konnte sie sich nicht im geringsten daran erinnern, sie schon mal gesehen zu haben. „Ai, ich dachte, dass wenigsten du so vernünftig wärst und so was nicht mitmachst!?“, schimpfte der Professor weiter. Kyoko horchte auf. Ai? Etwa Ai Haibara?