Bernstein mit einem unheimlichen Unterton in ihrer Stimme. Dann kehrte ihr
naiv-kindlicher Ausdruck zurück und sie grinste: "Außerdem ist er viel zu
stachelig."
"Ja, eine Schönheit ist er nicht grade," sagte Achat und kam hinzu, "aber es
kommt auch mehr auf seine Fähigkeiten als auf sei Aussehen an." Er setzte
eine Nickelbrille auf und besah sich den Youma von allen Seiten. Dann
schüttelte er den Kopf. "Nein, tut mir leid. Der ist nur Durchschnitt, nichts
herausragendes." Ein mehrstimmiges enttäuschtes Seufzen war zu hören.
"Ihr habt gehört was Achat gesagt hat, der hier ist nutzlos," sagte Kobalt
zu den beiden Frauen. "Also schickt ihn zurück und holt einen besseren!"
Bernstein setzte sich auf den Boden wo sie grade stand. "Will nicht, ich hab´
heute keine Lust mehr."
Bevor Kobalt auffahren konnte, versuchte Smaragd ihn zu beschwichtigen. "Sie hat
recht. Wenn wir den hier zurückschicken UND noch einen Neuen holen, dann
sind das drei Transporte an einem Tag. Ich würde das auch nicht schaffen,
zwei sind Maximum."
"Dann vergiß das Zurückschicken und frier den hier ein. Hast du doch sowieso
vorgehabt," meinte Kobalt beiläufig.
"Kommt gar nicht in Frage," mischte sich Achat ein. "Auch wenn das ein Youma
ist, ihn zu töten nur weil er uns nicht paßt, das kann ich nicht zulassen.
Ich bin Wissenschaftler, kein Massenmörder."
"Stell dich nicht so an, du hast selber genug Leben auf dem Gewissen, und das
wenigste davon waren Youmas."
"Aber ihr Tod hatte immer noch einen Zweck erfüllt. Ohne meine Experimente
hättet ihr nie das Tor ins Negaversum gefunden."
Während die anderen diskutierten, handelte Jade. Er trat vor, packte den
Youma mit einer Hand am Kinn und bog dessen Kopf nach hinten, alles in einer
schnellen und fließenden Bewegung. Das Genick des Kaktusmenschen brach mit
einem trockenen Knacken, und er löste sich noch im Fall in Asche auf. "Können
wir jetzt weitermachen?" fragte er in einem Ton als würde er sich nach der
Uhrzeit erkundigen.
Alle blinzelten. "Barbar," murmelte Achat abfällig.
"Auch eine Art das Problem zu lösen," sagte Kobalt, noch etwas überrascht.
"Immerhin können wir jetzt einen zweiten Youma beschwören. Aber diesmal einen
besseren, klar?"
Smaragd nickte und ging auf ihren Platz. Bernstein rührte sich nicht.
"Du wirst dich da jetzt hinstellen und mitmachen," drohte Kobalt.
"Nein."
"Ich verwandle dich in eine Kröte."
"Das kannst du gar nicht."
"Dann zünde ich deine Manga-Sammlung an."
"Ich tu´s trotzdem nicht."
"Wenn du uns noch mal hilfst bekommst du von mir später einen Lutscher," warf
Achat ein.
"Okay," meinte die Blondine und stand auf.
Während die zwei Frauen wieder das Pentagramm zum Leuchten brachten, grinste
Achat den zähneknirschenden Kobalt an. "In Kinderpsychologie hast du noch
einiges zu lernen."
"Klinka, Imra, Myrion. Tin Qua!" rief Smaragd, und als das Leuchten erlosch
stand wieder jemand im Kreis. Dieses Wesen sah erstaunlich menschlich aus,
eigentlich ganz normal, wenn nicht die weiß glühenden Augen wären.
"Hui, der sieht viel besser aus als Stachelkopf," freute sich Bernstein, "mit den
Augen kann er bestimmt Nachts noch im Dunkeln lesen." Dann trat sie näher an
ihn heran und starrte ihm in die Augen.
Kobalt blickte mißmutig auf das blonde Mädchen. Bernstein ließ ihn immer
wieder wie einen Idioten dastehen, und er haßte das. Aber er konnte trotzdem
nicht auf sie verzichten, aus zwei Gründen: Zum einen brauchte Smaragd die
magische Unterstützung für die Beschwörung.
Zum anderen war Bernstein für das nötig was sie grade tat. Denn das war ihr
eigentliches Talent: Den Willen der Youmas brechen und sie dazu zwingen für
ihre Sache, das heißt eigentlich für die Sache des Meisters, zu kämpfen.
Diesmal jedoch schien es nicht ganz so zu klappen wie sonst. Der Dämon fiel
auf die Knie und knurrte, gab aber nicht nach.
"Er wehrt sich. Er ist stark." Auf Bernsteins Gesicht erschien ein hämisches
Grinsen das nicht recht zu ihr passen wollte. "Ich mag es wenn sie sich
wehren. Smaragd, nimm den Schild weg."
Die ältere Magierin tat wie geheißen und der Vorhang aus Licht verschwand.
Bernstein ging in den Kreis, packte den Kopf des anderen und gab ihm einen
leidenschaftlichen Kuß, ohne dabei auch nur einmal den Blick von seinen Augen
abzuwenden.
Kobalt beobachtete es mit steinernem Gesicht. Das war etwas anderes das ihm
an Bernstein nicht gefiel. Jedes Mal, wenn sie ihre Fähigkeiten einsetzte,
schien sie sich zu verändern. Danach wurde sie zwar immer wieder zu einem
nervigen Kind, aber Kobalt wollte nicht dabei sein wenn jemand wirklich
Widerstand leistete.
Bernstein löste den Kuß von ihrem Opfer, der Youma blieb auf seinen Knien
sitzen ohne sich zu rühren. "Alles klar, er ist auf unserer Seite," sagte
sie, jetzt wieder ihr altes Selbst.
Achat trat vor und tippte dem Regungslosen an die Stirn. "Völlig
weggetreten." ^Wäre ich aber auch wenn mich jemand wie Bernstein küssen
würde,^ fügte er in Gedanken mit einem Seitenblick auf das blonde Mädchen
hinzu.
"Und, ist er für unsere Zwecke geeignet?" fragte Kobalt.
"Einen kleinen Moment noch," räusperte sich Achat und konzentrierte sich auf
den noch immer bewegungslosen Mann. Dann runzelte er die Stirn. "Das ist
kein Youma," stellte er fest.
"Was soll das heißen? Was soll es sonst sein?"
"Ich weiß es noch nicht. Aber es ist kein Youma." Der Wissenschaftler rückte
seine Brille zurecht. "Nein, keine Kreatur aus dem Negaversum," murmelte
er. "Obwohl er offensichtlich von dort stammt. Keinerlei magische
Fähigkeiten. Er wirkt auf mich eher menschlich, aber mit einem erstaunlich
hohen Anteil an schwarzer Energie. Zudem scheint er über erhöhte physikalische
Stärke und Agilität zu verfügen."
Kobalt wurde ungeduldig. "Würdest du aufhören in deinen Bart hineinzumurmeln,
und einfach nur sagen ob wir ihn brauchen können oder nicht?"
Achat hmpfte genervt. "Wir können ihn brauchen. Obwohl er keine Magie in
sich hat ist er unseren Gegnern rein körperlich hoch überlegen. Aus dem
Kampf würden sich viele nützliche Erkenntnisse über ihre Schwächen ergeben."
Er machte eine kurze Pause. "Ich würde ihn vorher gerne noch etwas studieren
um herauszufinden was er ist. Er sieht aus wie ein Mensch, wenn da nicht
diese schwarze Energie wäre ..."
"Verschieb das auf später," unterbrach ihn der glatzköpfige Chinese. "Sobald
er sich wieder von Bernsteins Einwirkung erholt hat gib ihm Instruktionen
und schicke ihn los. Wenn es Erfolge gibt, ihr wißt wo ihr mich findet." Mit
diesen Worten verließ Kobalt den Raum.
Kaum hatte sich die Tür geschlossen fuhr Achat wütend auf. "Das er sich
ständig als der Boss aufspielen muß. Nur weil er der Einzige ist, der mit
dem Meister in Verbindung steht heißt das noch lange nicht das er uns
herumkommandieren kann."
"Ach was, Glatze versucht nur seine Minderwertigkeitskomplexe zu
überspielen," meinte Bernstein. "Ich geh´ jetzt meinen Manga weiterlesen."
Sie verschwand wieder in ihrem Zimmer.
"Oh sorglose Jugend." Achat blickte ihr nach, dann auf den im Kreis knienden
Youma der keiner war. "Ich würde zu gerne wissen was er ist."
"Ein Mensch," sagte Jade. "Zumindest war er das einmal."
Achat sah überrascht zu dem Krieger. Es kam nicht oft vor das Jade sprach, und
das war jetzt schon das dritte mal heute. "Wie genau meinst du das? Für einen
Menschen hat er eine zu dunkle Ausstrahlung."
"Er ist auch nicht wirklich mehr einer. Er hat seine Menschlichkeit vor
langer Zeit gegen mehr Macht eingetauscht, und ist zu einer Kreatur der
dunklen Seite geworden."
"Du hast wohl zu viel StarWars gesehen?" mischte sich Smaragd ein. "Oder
willst du uns sagen, er hätte seine Seele dem Teufel verkauft?" spottete
sie.
Jade blieb ernst. "Man könnte es durchaus so sagen."
"Pah! Wissenschaftlich ist die Existenz des Antichristen völlig unfundiert,"
schnaubte Achat. "Ebenso wie die einer Seele."
Der Hüne antwortete nicht darauf. Er warf einen letzten Blick auf den Dämon,
dann verließ auch er das Zimmer.