seine Muskeln schmerzten, aus der tiefen Wund im Rücken klaffte Blut und Milliana war von dem letzten dunkelhäutigen Dämon entführt worden.
„Milliana...“ hauchte er noch und mit letzter Kraft schwang er sich auf den Rücken des einen Pferdes und galoppierte los, obgleich er nicht wusste wohin Milliana verschwunden war und er sich fast nicht mehr im Sattel halten konnte. Schließlich brach er zusammen, wurde bewusstlos und fiel vom Pferd in den reißenden Strom des Biran’ s und wurde in dem tobenden und wild schäumenden Gebräu fortgespült.
Die Wellen um ihn herum schlugen hoch, erwischten ihn und jedes mal brannte ein heißer Schmerz auf seinem Körper auf. Das Wasser spritzte ihm hart ins Gesicht, zog ihn unter Wasser, wo er wie blind war und gegen Felsen prallt, deren scharfe Kanten große Wunden in sein Fleisch schnitten. Er spürte dies alles nur wie beiläufig und er war nicht mehr fähig seinen Körper gegen den Strom zu beugen und es wäre auch sinnlos gewesen, da es ihn eh wieder hinunter gezogen hätte, wo er auf den harten Boden der Klamm schürfte und plötzlich wieder nach oben gerissen wurde. Seine Sinne waren völlig vernebelt und nur seine Gedanken rasten, während sein Herz schnell schlug, aber oftmals aussetzte und es ihm Höllenqualen eintrieb es wieder zum laufen zu bekommen.
Als er den Mund öffnete, da er seine Kiefer nicht mehr kontrollieren konnte und sie deshalb heruntergesogen wurden, steig auch noch die letzte Luft aus seinen Lugen empor und wurde an die Oberfläche getrieben. Wie in einem erschreckend entlosen Traum verlor er das Bewusstsein und die tiefe Schwärze der Leblosigkeit hüllte ihn ein, legte sich wie eine wärmende Decke um ihn...
„Meinst du, wir müssen noch lange laufen?“, fragte Senragor seinen Stiefonkel, der sich in dem Moment zu ihm herumdrehte und ihm einen prüfenden Blick zuwarf.
„Du wirst es noch aushalten müssen! Sobald wir den See umrundet haben und in den <Angorapass> einbiegen, dauert es schon noch vier Tage.“
„Vier Tage?“, stieß der Junge ungläubig auf und schüttelte sich, wobei seinen fließenden, schwarzen Gewänder hin und her schlabberten.
„Ja,“, bestätigte der Alte, „du weißt hoffentlich, wem du es zu verdanken hast, dass wir länger als eine Woche gebraucht hatten, um überhaupt bis zum <Blaupass zu gelangen>! Bis zur <Waldenburg> ist es noch ein weiter Weg und bis dahin, werde ich auf die aufpassen. Hätten wir Pferde, dann könnten wir den weg doppelt so schnell schaffen, doch der Sumpf vor dem <Angorapass> würde uns trotzdem aufhalten.“
Das Wasser im See schien auf der Ostseite noch recht klar, doch auf der Westseite zog sich ein Schleier aus Dreck durch die Fluten und Gerwin deutete darauf:
„Siehst du das?“, fragte er laut und versuchte dabei den brausenden Wind zu übertönen, der heute über dem See wehte, „Das Wasser fließt mit kleinen Strömen durch den Sumpf und der Dreck wird dadurch mit hineingespült. Die größeren Brocken setzen sich am Boden ab, doch ein kleiner Rest des dunklen Films bleibt im Wasser vorhanden und fließt hier in den See! Der <Angorapass> ist eigentlich nur eine Klamm, die vom tosenden Biran in das Bergmassiv geschlagen wurde. Irgendwann gab der Fels nach, bröckelte und der Stausee, welcher sich vor dem Pass jahrelang gesammelt hatte, riss weitere Brocken von Erde und Steinen in das Tal. Der Sumpf entstand durch die Verwitterung der Steine, über welchen schließlich versuchten pflanzen zu wachsen, doch in dem Bergmassiv hatten sich Salzvorkommen befunden, die somit auch das zugeschüttete Tal unfruchtbar für die meisten Pflanzen machte. Heute wächst da nur noch Schilf und Sumpfgras. Es gibt Legenden um Wesen, die sich dort im Schlamm wälzen sollen, die einmal mit dem Stausee angespült worden waren. So abwegig wie die Legenden scheint, ist sie gar nicht da der Stausee ganz Düsterburg überschwemmt hatte und dies über Tausende von Jahren lang! Bestimmt hat sich da die eine oder andere neue Lebensform entwickelt, die sich nun im Sumpf verbirgt.“
Wie durch einen Impuls hatte sich Senragor in diesem Moment hecktisch umgesehen und versuchte etwas in der durchdringenden Dunkelheit zu erkennen. Es war schon fast Mitternacht und auch Cyprian war es unwohl, da er ja selbst gesehen hatte, dass sich etwas wie eine Schattenfront über dieses Land wälzte, doch machte ihm nicht das Monster sorgen, sondern die Diener Muragecht’ s, die hier überall lauerten und das Land durchstreiften.
„Hör zu, kleiner,“, versuchte er es und gebot dem Jungen halt, „wenn mir in den nächsten Tagen irgendwas geschehen sollte, gehst du von dir aus weiter zur <Waldenburg>! Du folgst dem Flusslauf...“
Der Junge unterbrach ihn:
„Was ist los, Onkel?“
„Nichts!“, tat es dieser mit einer genervten Geste seiner Hab ab und fuhr fort, „Wenn ich nicht mehr da sein sollte, folgst du dem Biran flussaufwärts bis du in eine Stadt namens <Illis> kommst. Von der aus fragst du jemanden nach <Arabathill>. Die Stadt liegt in nördlicher Richtung, also in dem Staat <Agonzul>. Am Ende dieses Staates, fließt der Borin, ein Fluss, der <Abaron> und <Agonzul> von einander trennt! Am Ende dieses Flussverlaufes liegt die <Waldenburg>!“
„Das kann ich mir nicht merken, Onkel!“
Der Druide schien entsetzt und schnaufte vor Anstrengung, nachdem er seinen ganzen Text heruntergeleiert hatte und war jetzt ziemlich gereizt, da ihm das Kind nur mit halbem Ohr gelauscht hatte.
„Hier, nimm einfach die Karte!“, schloss er dann und reichte Senragor das Pergament.
„He, da kommt etwas geschwommen!“, rief der junge plötzlich und rannte los auf das Flussufer zu. Da trieb tatsächlich etwas im Wasser, etwas großes...
„Ein Mann!“, schrie der Junge und zog seinen alten Onkel näher heran, „Sieh doch, er ist verletzt!“
„Na, da bin ich aber gespannt!“, feigste der Druide und zog den treibenden Körper mit seinem Stab an Land.
„Er lebt noch!“, murmelte der Zauberer, nachdem er dessen Puls gefühlt hatte, „Reibe du ihn mit dieser Salbe hier ein, während ich Lorbeerscheite zum Vertreiben den Dämonen anzünde! Lange können wir hier nicht bleiben!“
Gerwin reichte seinem Neffen einen Mörser und eine Hand voll Zutaten. Schon früh hatte der Junge gelernt damit umzugehen und seine Kunst in den Fünf Jahren perfektioniert. Auch konnte er bereits schon ein paar Zauber, deren Anwendung ihm man aber strengstens verboten hatte, da sie mächtig und nur für den Notfall gedacht waren.
Als Gerwin zurückgekommen war, den Arm voller Holz, erkannte er den jungen Mann wieder, denn Senragor hatte ihm das Blut und den Dreck aus dem Gesicht gewaschen. Gerade blinzelte der Kerl leicht. Seine Glieder fühlten sich kalt und steif an.
„Milchemia?“ , fragte der Druide ungläubig und lies das Holz mit einem leichten Krachen auf den Boden fallen, „Ist er es wirklich? Den wollte doch Sendinior in Waromir treffen, wenn ich mich richtig erinnere!“
Schon nach kurzer Zeit war das Feuer entzündet und die Kälte begann langsam aus dem Körper des bewusstlosen zu gleiten. Der flackernde Schein des Feuers, warf lange Schatten auf das grasige Ufer.
„Weißt du Senragor,“, begann der Druide plötzlich und zündete sich eine lange pfeife an, in welche er nun, solange sie noch warten mussten, rauchen wollte,“ der man hier, dieser Milchemia ist ein Kriegsheld!“, er paffte eine rauchige Wolke in die Luft und der kleine Junge spürte, dass der Zauberer ihm eine längerer Geschichte erzählen wollte, also setzte er sich im Schneidersitz vor ihm ins Gras, „Er hat Hunderte Schlachten geschlagen und ist aus ihnen immer wieder lebend zurückgekehrt. Seine Gegner waren stark und immer viele, doch er ermutigte seine Männer zu neuen taten, zerteilte die kreischende Menge von Dämonen mit seinem Schwert, zerschlug die Horden und trieb sie weit auseinander. Alle flüchteten vor ihm, ihm, dem Metzger, wie man ihn in seiner Jungend nannte, stark und blutrünstig. Das war er noch bis vor kurzen, sonst wäre er jetzt nicht hier. Ich frage mich, warum wir ihn überhaupt hier finden, verletzt und unterkühlt und...“, er stockte, „...in den Kleidern eines Bauern. Das finde ich nicht gerecht... Und dann die Narbe, hier mitten in seinem Gesicht,“, er fuhr sie mit dem Zeigefinger nach, „sie zieht sich von der Stirn, über das Nasenbein bis in die linke Wange hinein. Wer hat ihn nur so verunstaltet? Hatte er sein Training versäumt, oder war er überrascht worden, auch sein Schwert fehlt ihm... Das finde ich nicht fair, er sollte etwas besseres kriegen, als den Tot in einem verkrüppelten Körper! Ich habe zu ihm aufgesehen, wie zu einem großen Bruder. Ich meine, ich war sein Fan! Unbedingt wollte ich seine treibende Stimme hören und den Klang der Kriegstrommel im Hintergrund...
Zw. Waromir u. d. Wasserschloss 1378 (Die Schlacht um die Staatsherrschaft bei Elpharag)
Bumm, Bumm, Bumm, wurden die Trommeln immer schneller, treibender, rasender und in dieser Minute stürmten etliche von Kriegern in das Tal hinein, auf die Ebene. Ganz vorne unter ihnen auf seinem prächtigen Schimmel, Milchemia.
„Metzelt sie nieder, Jungs, wir werden siegen! Lang lebe Waromir! Ha, ha!“, schrie der Hauptmann, das Gesicht hassverzerrt und das Sarazenenschwert über dem Kopf gehoben. Wie eine Welle aus Lanzen, Helmen, Schwertern und Rüstungen, schwemmten die Ritterfronten gegeneinander. Der Kampf um den Staat Elpharag tobte. Mit dem Aufeinanderkrachen der Kämpfer, begann das Gemetzel.
Die vorderste Reihen unter dem Kommando von Milchemia, rissen ihre Lanzen empor und, schlugen die Angreifer nach hinten.