Fanfic: Powerschoolexplosion
Chapter: Powerschoolexplosion
Powerschoolexplosion
»Psst! Nest!«
Seine Stimme schnitt mit der Schärfe einer Katzenklaue durch die wattigen
Schichten ihres Schlafes. Ihr Kopf fuhr vom Kissen hoch, und ihre
vom Schlaf verschleierten Augen sprangen auf.
»Pick?«
»Wach auf, Mädchen!« Die Stimme des Waldschrats quiekte vor Dringlichkeit.
»Die Fresser machen schon wieder Ärger! Ich brauche dich!«
Nest Freemark warf die Decke beiseite und zwang sich in eine sitzende
Position, bei der die Beine aus dem Bett baumelten. Trotz der Bemühungen
des großen Ventilators, der direkt neben ihrer Tür stand, war die
Nachtluft heiß und stickig. Sie rieb sich die Augen und schluckte,
um die Trockenheit aus ihrer Kehle zu vertreiben. Von draußen hörte
sie das stetige Zirpen der Grillen in den Bäumen.
»Wer ist es diesmal?«, fragte sie gähnend.
»Das kleine Mädchen der Scotts.«
»Bennett?« O Gott! Jetzt war sie völlig wach. »Was ist passiert?«
Pick stand vor dem Fliegengitter auf dem Fenstersims, seine Umrisse
wurden vom Mondlicht scharf hervorgehoben. Er mochte von seinen zweigartigen
Füßen bis zu seinem laubbedeckten Kopf nur fünfzehn Zentimeter messen,
aber sie konnte den Abscheu auf seinen knorrigen, holzigen Zügen ebenso
gut erkennen, als wenn er zwei Meter groß wäre.
»Die Mutter ist wieder mit ihrem nichtsnutzigen Freund auf einer Tour
durch die Kneipen. Dieser Knabe, den du magst, der junge Jared, sollte
auf die anderen Kinder aufpassen, aber er hatte einen seiner Anfälle.
Bennett war noch auf - du weißt, wie sie ist, wenn ihre Mutter nicht
da ist, weiß der Himmel, warum. Sie bekam Angst und ist weggelaufen.
Als der Junge sich wieder erholt hatte, war sie fort. Jetzt haben
sie die Fresser. Muss ich dir das noch aufschreiben, oder ziehst du
dich jetzt an und kommst helfen?«
Ohne zu antworten sprang Nest aus dem Bett, schlüpfte aus dem Nachthemd
und zog ihr »Grunge Lives«-T-Shirt, eine kurze Sporthose, Socken und
Tennisschuhe an. Ihr Gesicht blickte ihr vom Spiegel ihres Kleiderschranks
entgegen: rundlich mit einer breiten Stirn und betonten Wangenknochen,
eine sommersprossenübersäte Stupsnase, grüne Augen, die oft blinzelten,
ein Mund, dessen Winkel nach oben deuteten, als würde sich Nest ständig
über etwas amüsieren, und ein Teint, der gerade begann, Farbe anzunehmen.
Ganz ansehnlich, aber nicht atemberaubend. Pick lief ungeduldig auf
dem Sims hin und her. Er sah aus wie Zweige und Blätter, die man zu
einem kleinen Stockmännchen für Kinder zusammengebunden hatte. Seine
Hände machten nervöse Gesten, die gleichen, die sie immer machten,
wenn er aufgeregt war - er zupfte an seinem seidigen Moosbart und
schlug sich auf die mit Borke bedeckten Schenkel. Er konnte nicht
anders. Er war wie eine jener Zeichentrickfiguren, die aufgedreht
herumrasten und ständig gegen Wände prallten. Er behauptete, hundertfünfzig
Jahre alt zu sein, aber für jemanden, der so alt war, hatte er nur
sehr wenig Gelassenheit gelernt.
Nest stopfte ein paar Kissen unter die Bettdecke, damit es so aussah,
als würde sie noch schlafen. Der Trick würde funktionieren, solange
niemand genauer hinschaute. Sie blickte auf die Uhr. Es war zwei Uhr
morgens, aber ihre Großeltern schliefen nicht mehr sehr tief, und
es konnte zu jeder Zeit in der Nacht vorkommen, dass sie durch das
Haus geisterten. Sie warf einen Blick zur offenen Tür und seufzte.
Da konnte man nichts machen.
Sie drückte das Fliegengitter auf und kletterte aus dem Fenster. Ihr
Zimmer befand sich im Erdgeschoss, und so war es leicht, unbemerkt
hinauszuschlüpfen. Zumindest im Sommer, schränkte sie ein, wenn es
warm war und alle Fenster offen standen. Im Winter musste sie ihren
Mantel holen, den Korridor entlangschleichen und aus der Hintertür
schlüpfen, was riskanter war. Aber sie hatte mittlerweile Übung darin.
»Wo ist sie?«, fragte sie Pick und streckte dabei ihre Hand mit der
Fläche nach oben aus, damit er hinaufklettern konnte.
»Auf dem Weg zu den Klippen, als ich sie zuletzt gesehen habe.« Er
trat vorsichtig vom Sims auf ihre Hand. »Daniel folgt ihr, aber wir
sollten uns besser beeilen.«
Nest setzte Pick auf ihrer Schulter ab, wo er sich gut an ihrem T-Shirt
festhalten konnte, schob das Fliegengitter wieder an seinen Platz
und rannte los. Während sie über den Rasen zu der Hecke spurtete,
die an den Park grenzte, strich ihr die Nachtluft des Mittelwestens
über das Gesicht. Ihre Frische fühlte sich nach der schalen, stehenden
Luft ihres Schlafzimmers gut an. Nest lief unter den Baldachinen einzeln
stehender Eichen und Hickorynussbäume hindurch, die ihre Schatten
über den Garten warfen, während ihre Zweige sich in komplizierten
Mustern verwoben und verzweigten und die Blätter matt die Mischung
aus Mond- und Sternenlicht widerspiegelten. Der Himmel war klar und
die Welt um sie herum ruhig, während sie lief. Die Häuser, an denen
sie vorbeikam, waren dunkel und still, die Bewohner im Schlaf versunken.
Sie fand die Lücke in der Hecke auf Anhieb, duckte sich, um durch
die niedrige Öffnung zu schlüpfen, und war hindurch.
Vor ihr breitete sich der Sinnissippi-Park aus. Baseball- und Picknickplätze
leuchteten im Mondlicht, während die Gehölze und Begräbnisstätten
von Schatten durchzogen waren.
Sie bog nach rechts ab, zu dem Fahrdamm, der in den Park hineinführte,
und verfiel in einen gleichmäßigen Trab. Sie war eine gute Läuferin,
eine geborene Sportlerin. Ihr Cross-Trainer sagte, sie wäre die Beste,
die er je gesehen hätte, auch wenn er im selben Atemzug hinzufügte,
dass sie bessere Trainingsgewohnheiten entwickeln müsse. Mit einer
Größe von 1,65 war sie bei ihrem Gewicht von hundertzwanzig Pfund
schlank, flink und zäh wie Leder. Sie wusste nicht, warum sie so war;
jedenfalls hatte sie nie an ihrer Form gearbeitet. Dennoch war sie
immer geschmeidig gewesen, selbst mit zwölf, als all ihre Freunde
ständig gegen Kaffeetische gestoßen und über ihre eigenen Füße gestolpert
waren, während sie herauszufinden versuchten, was ihre Körper wohl
als Nächstes tun würden. (Jetzt waren sie vierzehn und wussten es
schon ziemlich gut.) Nest war mit dem Körper eines Läufers gesegnet,
und ihre Leistungen im letzten Frühling hatten bewiesen, dass ihr
Talent ganz erstaunlich war. Sie hatte bereits jeden Rekord für Cross-Läufe
im Staat Illinois für Mädchen bis vierzehn Jahre gebrochen. Und das
hatte sie getan, als sie selbst noch dreizehn gewesen war. Doch vor
fünf Wochen war sie beim Rock-River-Einladungsrennen gegen Läufer
- Jungen und Mädchen - angetreten, die bis zu achtzehn Jahre alt waren.
Sie war ihren Konkurrenten im Zehntausendmeterrennen davongelaufen
und hatte eine Zeit erzielt, die fast drei Minuten unter dem High-School-Rekord
des Staates lag. Danach hatten alle begonnen, sie mit etwas anderen
Augen zu sehen.
Natürlich hatte man Nest Freemark aus dem einen oder anderen Grund
ihr ganzes Leben lang etwas anders angesehen, und so war sie jetzt
weniger von der Aufmerksamkeit beeindruckt, die man ihr schenkte,
als das früher der Fall gewesen wäre.
Wie würden sie mich wohl ansehen, überlegte sie, wenn ich ihnen von
Pick erzählen würde? Oder von der Magie?
Sie überquerte das Baseballfeld, das ihrem Heim am nächsten lag, kam
zum Eingang des Parks und flitzte an der Schranke vorbei, die nach
Sonnenuntergang heruntergelassen wurde, um die Straße zu sperren.
Sie fühlte sich ausgeruht und stark; ihr Atem war ruhig und ihr Herzschlag
regelmäßig. Sie folgte eine kurze Strecke dem Pflaster und bog dann
auf die Picknickwiese ab, die zu den Sinnissippi-Grabhügeln und den
Klippen führte. Zu ihrer Rechten konnte sie die Lichter der Sinnissippi-Townhomes
erkennen, eine Arbeiterwohnsiedlung mit einem hochtrabenden Namen.
Dort lebten die Scotts. Enid Scott war eine allein erziehende Mutter
mit fünf Kindern, sehr wenigen Chancen im Leben und einem Alkoholproblem.
Nest hielt nicht viel von ihr; niemand tat das. Aber Jared war ein
Schatz, mit dem sie seit der Grundschule befreundet war, und Bennett,
mit fünf das jüngste der Scott-Kinder, war ein Spätzchen, das mehr
im Leben verdiente, als es in letzter Zeit bekommen hatte.
Nest suchte die Dunkelheit vor sich nach irgendeinem Zeichen von dem
kleinen Mädchen ab, aber da war nichts zu sehen. Sie blickte sich
auch nach Geist um, doch auch von ihm war keine Spur zu sehen. Der
bloße Gedanke an Geist ließ ihr einen kalten Schauer den Rücken hinunterlaufen.
Der Park lag riesig und still vor ihr, nichts schien sich in ihm zu
bewegen. Sie beschleunigte ihr Tempo, angespornt von der Gefahr, in
der sich Bennett befand. Pick ritt auf ihrer Schulter und hielt sich
mit Händen und Füßen an ihrem Ärmel fest. Er murmelte noch immer das
lästige, unaufhörliche Gebrabbel vor sich hin, das er in Zeiten von
Stress bis zum Überdruss von sich gab. Aber Nest ließ ihn in Ruhe.
Pick musste eine Menge Verantwortung tragen, und das immer dreistere
Benehmen der Fresser machte es ihm nicht gerade leichter. Es war schon
schlimm genug, dass sie die Höhlen