Fanfic: Powerschoolexplosion
krummen, versilberten
Wurmholzstock, der ihm nicht nur als Zauberstab, sondern auch als
Rückenkratzer diente. In diesem Augenblick benutzte Gutgolf ihn für
den zweiten Zweck, während er die abgetragenen Kappen seiner Schuhe
betrachtete, die man heutzutage für schwarze Basketballschuhe halten
würde. Hochschäfter.
»Siehst ein bisschen heruntergekommen aus, Golfie«, kicherte Dildo.
»Das alte Zauberergeschäft geht wohl nicht so gut?«
Gutgolf sah etwas gequält aus, als er seinen Pennälerspitznamen hörte,
ordnete aber voll Würde seine Kleidung. »Es ist nicht meine Schuld,
wenn Ungläubige über meine Fähigkeiten spotten«, sagte er. »Meine
Wunder werden immer noch bewirken, dass alle gaffen und sich ducken!«
Plötzlich fuchtelte er mit seinem Kratzer herum, und der Raum wurde
in Dunkelheit getaucht. Durch die Schwärze sah Dildo, dass Gutgolfs
Gewänder leuchtend und strahlend geworden waren. Seltsame Buchstaben
in Elbenschrift erschienen rätselhafterweise auf dem Vorderteil seines
Mantels, und Dildo vermochte sie zu lesen: Willst du mich im Dunkeln
küssen, Baby?
Ebenso plötzlich ging in der behaglichen Höhle das Licht wieder an,
und die Inschrift auf der Brust des Zauberers verblasste. Dildo verdrehte
die Augen nach oben und zuckte die Schultern.
»Ach, weißt du, Golfie«, sagte er, »derlei Zeug ist ebenso überholt
wie hoch geknöpfte Beinschienen. Kein Wunder, dass du einem Nebenerwerb
als Falschspieler auf Bauernjahrmärkten nachgehen musstest.«
Gutgolf nahm den Sarkasmus seines Freundes gelassen hin. »Mach dich
nicht lustig über Fähigkeiten, die deinen Horizont übersteigen, du
unverschämter Haarfuß«, und als er das sagte, hatte er mit einem Mal
fünf Asse in der Hand, »denn du kannst die Wirksamkeit meiner Zauberei
sehen!«
»Ich sehe nur, dass du endlich den Dreh mit dem albernen Ärmelschütteln
rausbekommen hast«, lachte der Boggie und schenkte seinem alten Gefährten
einen Humpen Bier ein. »Aber warum hörst du nicht auf mit deiner Weiße-Mäuse-und-Elbenzauber-Nummer
und sagst mir, warum du mich mit deiner Anwesenheit beehrst - und
mit deinem Appetit.«
Der Zauberer wartete einen Moment mit der Antwort, um seinen Blick
auszurichten, da seine Augen in letzter Zeit zum Schielen neigten,
und sah Dildo ernst an.
»Es ist an der Zeit, über den Ring zu sprechen«, sagte er.
»Ring? Welchen Ring?«, fragte Dildo.
»Du weißt ganz genau, um welchen Ring es sich handelt«, erwiderte Gutgolf.
»Der Ring in deiner Tasche, Herr Windbeutel.«
»Ach, der Ring.« Dildo gab sich ganz arglos. »Ich dachte, du meinst
den Dreckring, den du nach deinen spiritistischen Sitzungen mit deiner
Gummi-Ente in meiner Badewanne hinterlässt.«
»Es ist nicht die Zeit, um Scherze zu machen«, verwies ihn Gutgolf,
»denn böse Geschöpfe sind unterwegs in den Landen, und Gefahr dräut.«
»Aber …«, begann Dildo.
»Seltsame Wesen rühren sich im Osten …«
»Aber …«
»Unheil wandert auf der Großen Straße …«
»Aber …«
»Da findet ein Neidhammel …«
»Aber …«
»… ein Haar in der Suppe …«
Mit einer heftigen Bewegung legte Dildo dem Zauberer die Pfote auf
den redenden Mund. »Meinst du«, flüsterte er, »meinst du, ein Ballhock
lauert im Hinterhalt?«
»MMMMM«, nickte der geknebelte Magier.
Dildos schlimmste Befürchtungen hatten sich bewahrheitet. Nach dem
Fest, dachte er, werden viele Beschlüsse gefasst werden müssen.
Obwohl nur zweihundert Einladungen verschickt worden waren, hätte Frito
Windbeutel nicht überrascht sein sollen, als er eine erheblich größere
Zahl von Gästen an den riesigen, trogähnlichen Tischen unter dem großen
Zelt auf der Windbeutel-Wiese sitzen sah. Er riss die Augen auf, als
er herumschlenderte und beobachtete, wie die unzähligen gierigen Schnauzen
schmatzend an den Hammelkeulen und Bratenstücken rissen und für alles
andere blind waren. Wenige Gesichter in der grunzenden, rülpsenden
Menge, die an den Fresstischen hockte, kamen ihm bekannt vor, aber
noch geringer war die Zahl derer, die durch Masken von getrockneter
Sauce und Fleischsaft nicht bereits völlig unkenntlich geworden waren.
Erst jetzt wurde sich der junge Boggie über die Stichhaltigkeit von
Dildos Lieblingsausspruch klar: »Es bedarf einer Menge Futter, um
einem Boggie den Mund zu stopfen.«
Dennoch war es ein großartiges Fest, fand Frito, als er einer fliegenden
Schweinshaxe auswich. Große Gruben waren einfach ausgehoben worden,
um die Berge von angesengtem Fleisch aufzunehmen, die die Gäste dann
mit ihren kräftigen Kiefern zermalmten, und sein Onkel Dildo hatte
eine raffinierte Rohrleitung mit Gefälle ersonnen, durch die unzählige
Fuder berauschenden Biers in deren grenzenlose Wänste flossen. Nachdenklich
betrachtete Frito seine Landsleute, die sich schlürfend den Bauch
mit Kartoffelkraut voll schlugen und dann und wann ein Stückchen fettiges
Fleisch »für später« in die Jackentaschen und Geldbörsen stopften.
Gelegentlich sank ein übereifriger Tischgenosse bewusstlos auf den
Boden, was die anderen sehr belustigte und sie veranlasste, ihn mit
Abfällen zu bombardieren. Abfälle waren das, was sie nicht »für später«
wegsteckten.
Rings um Frito sah und hörte man das Knirschen von Boggie-Zähnen, das
Gurgeln von Boggie-Speiseröhren, das Knurren von sich hebenden und
senkenden Boggie-Bäuchen. Das geräuschvolle Nagen und Mampfen übertönte
fast die Nationalhymne des Kobenlandes, die eine angeheuerte Kapelle
jetzt mehr oder weniger zu Gehör brachte.
»Wir Boggies sind `ne haarige Schar
Und essen viel, das ist ja klar.
Doch keiner einen Freund vergisst
Und selten einen solchen frisst.
Immer essen, immer trinken,
Bis dann untern Tisch wir sinken.
Ob wir Fleisch, ob Würste kauen,
Auf das Beste nur wir bauen.
Refrain: Mampfen, mampfen, immer mampfen,
Mampfen, mampfen, immer mampfen.
Boggies, Boggies, kommt zu Tisch,
Wollt womöglich ihr auch Fisch?
Esst, was euer Herz begehrt,
Gar nichts wird euch hier verwehrt.
Stopft nur rein, was immer essbar.
Könnt ihr nicht mehr? Ist ja nicht wahr!
Mit dem Finger im Hals wird Platz gemacht,
Aufhören zu essen wär doch gelacht!
Refrain: Mampfen, mampfen, immer mampfen,
Mampfen, mampfen, immer mampfen.«
Frito wanderte an den Tischreihen vorbei in der Hoffnung, die vertraute
vierschrötige Gestalt von Spam zu finden. »Mampfen, mampfen, immer
mampfen …«, murmelte er vor sich hin, aber die Wörter erschienen ihm
fremd. Warum fühlte er sich so einsam unter den Schmausenden, warum
war er sich in seinem eigenen Wohnort immer wie ein Eindringling vorgekommen?
Er starrte auf die Masse mahlender Backenzähne und fußlanger, gespaltener
Zungen, die in der Nachmittagssonne rosa und feucht schimmernd aus
Hunderten von Mündern heraushingen.
In diesem Augenblick gab es einen kleinen Tumult an dem Haupttisch,
an dem Frito als Ehrengast hätte sitzen sollen. Onkel Dildo war auf
seine Bank gestiegen und gebot mit mehreren Handbewegungen Ruhe, denn
er wollte seine Nachtischrede halten. Etwas Gespött wurde laut und
einige Köpfe zusammengesteckt, aber jedes gespitzte pelzige Ohr und
jedes glasige Auge bemühte sich aufzufangen, was Dildo zu sagen hatte.
»Meine Boggie-Landsleute«, begann er, »meine lieben Pups und Peristalts,
Fassdarms und Hängeleibs, Nadelspitzen, Leberlappen und Nasendinger.«
(Nasenfinger, berichtigte ihn ein zorniger Zecher, der, seinem Familiennamen
getreu, den Finger bis zum vierten Glied in die Nase gebohrt hatte.)
»Ich hoffe, ihr habt euch alle genudelt, bis euch schlecht wird.« Das
war die übliche Grußformel, die zum Zeichen, dass den Gästen die Kost
zugesagt hatte, mit den traditionellen Furz- und Rülpssalven beantwortet
wurde.
»Ich habe, wie ihr alle wisst, fast mein ganzes Leben in Boggingen
verbracht und mir über euch alle eine Meinung gebildet. Ehe ich euch
zum letzten Mal verlasse, möchte ich euch kundtun, was ihr alle für
mich bedeutet habt.« Die Menge brüllte beifällig, denn alle glaubten,
jetzt sei der Augenblick gekommen, da Dildo die erwarteten Geschenke
unter ihnen verteilen würde. Aber was nun kam, überraschte sogar Frito,
der seinen Onkel bestürzt und zugleich bewundernd ansah. Denn der
hatte die Hose heruntergelassen.