Alice in Hogwarts

Es war einmal ein süßes, kleines, blondes Mädchen, das hieß Alice. Und diese Alice ging eines schönen Sommertages mit ihrem Kätzchen zu einem kleinen Bach, der sich unweite ihres Hauses befand. Alice setzte sich an den Rand des Baches, zog Dina, ihr Kätzchen, zu sich auf den Schoß und erzählte ihr von einer imaginären Welt, dem Wunderland, in der Tiere reden können und sich alle gut verstehen. Davon redete sie noch eine ganze Weile, bis sie durch aufgeregtes Gemurmel aufgeschreckt wurde.
„Zu spät, ich komme zu spät“, hörte sie diese Stimme sagen, und entdeckte noch rechtzeitig ein weißes Kaninchen, das in einem Erdloch verschwand. Neugierig, wie sie war, folgte Alice ihm und vergaß Dina völlig. Sie kroch kurzerhand auf allen Vieren durch das Loch, und stürzte kurz darauf mit einem Aufschrei hinab. Nachdem sie ein Weilchen gefallen war, nahm sie plötzlich ein lautes Rauschen wahr und um sie herum wurde alles schwarz.

Als Alice wieder zu sich kam, befand sie sich auf einer Wiese, auf der vereinzelt Bäume standen. Sie stand auf und sah sich um. Es gab hier einen riesigen See, und kurz darauf erspähte sie auch ein beeindruckendes Schloss. Dieses sah zwar nicht ganz so aus wie die Märchenschlösser, die Alice sich oft in ihrer Fantasie ausmalte, aber es war dennoch zweifellos ein Schloss. Vorsichtig und sich dabei weiterhin umsehend, näherte Alice sich dem imposanten Gebäude und ging zur Tür. Als jedoch nach mehrmaligem Anklopfen niemand öffnete und auch sonst keine Antwort kam, ging Alice einfach hinein. Sie fand sich in einer riesigen Eingangshalle wieder, die unzählige Treppen, Türen, Gemälde und nochmals Treppen enthielt. „Guten Tag, junge Dame! Die Auswahl und die Feier sind leider schon vorbei… Trotzdem herzlich willkommen in Hogwarts!“, sagte plötzlich eine freundliche Stimme hinter Alice. Erschrocken drehte sie sich um und konnte gerade noch einen Schreckensschrei unterdrücken. Ihr gegenüber stand ein richtiger Geist! Noch dazu einer, der, wie sie entsetzt feststellen musste, seinen Tod durch Enthauptung gefunden hatte. Allerdings wurde diese augenscheinlich nicht sorgfältig genug durchgeführt, denn der Kopf hing immer noch am Hals. Wahrhaftig ein grotesker Anblick, fand Alice. Der Geist hatte wohl bemerkt, dass sein Auftauchen Alice erschreckt hatte, also wollte er sie beruhigen. „Nur keine Angst, mein Fräulein, hier in Hogwarts gibt es zwar viele Geister, aber wir sind alle gut und freundlich. Peeves, der Poltergeist, ist zwar ein eher unangenehmer Zeitgenosse, aber im Grunde hat man auch vor ihm nichts zu befürchten. –Oh, verzeihen Sie, ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt!“, fiel es dem Geist jäh ein. „Gestatten, Sir Nicholas de Mimsy-Porpington. Der unvollständig durchgeführten Enthauptung wegen trage ich den Spitznamen „fast kopfloser Nick“, aber ich bevorzuge „Sir Nicholas“. Und mit wem habe ich die Ehre?“
Alice war zwar ziemlich nervös, schließlich unterhält man sich nicht alle Tage mit einem Geist, aber sie hatte dennoch eine gute Erziehung genossen. Also nahm sie ihren Mut zusammen und antwortete mit einem höflichen Knicks: „Mein Name ist Alice, Sir. Alice Springsteen.“ „Sehr erfreut, Miss Springsteen!“, entgegnete Sir Nicholas mit einer Verbeugung. „Nun denn, Miss Springsteen, ich schlage vor, dass Sie sich bezüglich der Auswahl an den Schulleiter, Professor Dumbledore. Sein Büro befindet sich dort drüben hinter dem Wasserspeier. Das Passwort lautet ´Honigkuchenpferd`“, informierte er sie.
„Passwort?“ Alice war sichtlich verwirrt. „Ja. Einige Räume hier lassen sich nur mit einem Passwort öffnen. Diese sind allerdings verschieden und sie werden natürlich darüber informiert. Nun muss ich weiter. Auf Wiedersehen!“ Damit wandte Sir Nicholas sich ab und schwebte geradewegs durch eine Wand.

Alice sah dem Geist noch eine zeitlang verwirrt hinterher, beschloss dann aber, sich besser zu beeilen und näherte sich dem Wasserspeier. Sie betrachtete ihn misstrauisch. Er sah fast lebendig aus. Zögernd nannte sie das Passwort, und sogleich sprang die Statue zur Seite und gab den Weg zu einer Wendeltreppe frei. Nach einer Schrecksekunde betrat Alice diese entschlossen. Als sie dann vor einer Tür aus Eichenholz stand, atmete sie ein paar Mal tief durch, bevor sie endlich anklopfte. „Herein!“, ertönte von drinnen eine fröhliche Stimme. Alice trat ein. Was sie sah, raubte ihr den Atem. Das Zimmer war nicht sehr groß, aber trotzdem vollgestopft mit Regalen, die allesamt mit Büchern und seltsamen Geräten gefüllt waren. Der Schreibtisch in der Mitte des Raumes diente ebenfalls als Ablage für die bizarrsten Instrumente und einen Haufen Schriftrollen. In einem kleineren Regal neben dem Schreibtisch entdeckte Alice einen zerlumpten, mit Flicken besetzten Hut, der ihr irgendwie seltsam vorkam. Auf der anderen Seite neben dem Schreibtisch erblickte Alice einen Vogel mittlerer Größe mit leuchtend rotem Gefieder. Sie erkannte sofort, dass es ein Phönix war, von dem sie schon in so vielen Büchern gelesen hatte. Unzählige Male schon hatte sie sich vorgestellt, mal so einem Wesen zu begegnen, denn der Phönix war gleich nach dem Einhorn ihr Lieblingsfabelwesen. Alice bestaunte das Tier eine ganze Weile, bis sie sich mit einem Mal beobachtet fühlte. Sie wandte den Blick von dem faszinierenden Vogel ab und sah einen alten Mann mit langem weißen Bart (nicht den Weihnachtsmann), der sie mit höflicher Neugierde musterte.
„Willkommen in Hogwarts, Miss Springsteen. Mein Name ist Albus Dumbledore. Ich bin der Schulleiter von Hogwarts.“ Durch Albus Dumbledores freundliche Art gewann Alice ihr Selbstvertrauen wieder. Trotzdem war sie verwirrt. Woher kannte dieser ihr völlig unbekannte Mann ihren Namen? „Ein weißes Kaninchen teilte mir mit, dass du in Kürze hier auftauchen würdest. Es hat dich schon eine ganze Weile beobachtet.“ Konnte er Gedanken lesen?? Alice schluckte. „Aber da du ja endlich in der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei eingetroffen bist“, fuhr der Schulleiter unbeirrt fort, „können wir jetzt herausfinden, in welchem Haus du ab heute sein wirst. Die Häuser sind hier übrigens sowas wie Klassen, die du aus deiner bisherigen Schule kennst. Es gibt vier Stück: Gryffindor, Slytherin, Ravenclaw und Hufflepuff. Deine Eltern wissen übrigens Bescheid“, erklärte er. Alice wurde fast ohnmächtig von so vielen Informationen. Schule für Hexerei und Zauberei? Sollte das heißen, dass sie, Alice, eine Hexe war? Mit Schaudern dachte Alice an die Hexen, die sie aus so vielen Märchen kannte. Waren diese Frauen nicht alle alt, hässlich und böse? Und ihre Eltern wussten, dass Alice auf so eine merkwürdige Schule gehen sollte und sagten ihr nichts davon? Und was bitte schön hatte es mit diesen „Häusern“ auf sich?
„Du musst jetzt den Sprechenden Hut aufsetzen, der dich deinem Haus zuteilt“, riss Dumbledores Stimme sie aus ihren Gedanken. Und bevor sie sich wieder gefasst hatte, setzte der Schulleiter ihr den besagten Hut auf den Kopf. Moment! Ein SPRECHENDER Hut?! Doch bevor Alice ihre Bedenken äußern konnte, fing das Kleidungsstück auch schon an zu reden. Merklich genervt, seine wohlverdiente Ruhepause zu unterbrechen, weil jemand es nicht rechtzeitig zur Auswahl geschafft hatte, betete er sein Sprüchlein hinunter, in dem er unter anderem die vier Häuser und ihre Eigenschaften nannte. Dann erwähnte er einige dieser Eigenschaften im Zusammenhang mit Alice und befand nach kurzem Nachdenken, dass die neue Schülerin in Hufflepuff bestens aufgehoben wäre.
Nachdem der Hut seine Entscheidung verlautbart hatte, setzte Professor Dumbledore ihn wieder auf seinen Platz im Regal, wo er noch kurz vor sich hin grummelte und schließlich verstummte. Dann widmete er sich wieder Alice. „Das war auch schon alles, Miss Springsteen“, sagte er. Er erläuterte ihr den groben, regulären Tagesablauf und versicherte ihr noch einmal, dass sie sich hier bestimmt schnell einleben und dann auch wohl fühlen würde. Er begleitete sie zum Hufflepuff-Turm und gab ihr das notwendige Passwort („Kürbisknoblauchtorte“). Dann verschwand er wieder.
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